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Die Orgeln der Schlosskirche Bonn

Die Geschichte der Orgeln in der Schloßkirche Bonn
Die neue Klais-Orgel

Die Schlosskirche
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Die Geschichte der Orgeln in der Schloßkirche Bonn

Die Orgeln der Schloßkirche im Überblick:

1. Die Riedler-Orgel von 1784
Kurz nach Fertigstellung der Schloßkirche baute der Bonn Orgelbauer G. F. Riedler eine kleine Orgel, die wahrscheinlich auf der heute nicht mehr existierenden oberen Mittelempore aufgestellt wurde. Diese Mittelempore im zweiten Stockwerk diente wohl als Musikempore, sie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wieder eingebaut. Über Größe und Disposition kann nur spekuliert werden, einiges spricht dafür, daß sie gut zehn Register auf einem Manual hatte und ein süddeutsch-italienisch beeinflußtes Instrument gewesen ist. Auf diesem Instrument haben sowohl Neefe als auch der junge Beethoven gespielt. Die Riedler-Orgel wurde 1822 an das Evangelische Lehrerseminar in Moers verkauft und dort aufgestellt. Nach 1870 befand sie sich in sehr schlechtem Zustand und wurde nicht weiter erhalten.


2. Die Weil-Orgel (1822-1913)
Nachdem die Schloßkirche 1816 evangelische Gemeinde- und Universitätskirche geworden war, wurde ein Orgelneubau nötig, da die Riedler-Orgel den liturgischen Anforderungen des evangelischen Gottesdienstes nicht genügte und sich zudem in einem sehr schlechten Zustand befand. Die neue Orgel wurde von dem Neuwieder Orgelbauer J. G. Weil erbaut. Sie besaß in einem klassizistischen Prospekt 19 Register auf zwei Manualen und Pedal. Die Disposition war dem Zeitgeschmack entsprechend stark grundtönig. Der zum Teil sehr schlechte bauliche Zustand der Schloßkirche im 19. Jahrhundert verursachte oft Störungen und Schäden an dem Instrument, so daß viele, oft nur notdürftig ausgeführte Reparaturen notwendig waren.


3. Die Walcker-Orgel (1913-1929)
Seit 1900 fanden in der Schloßkirche Konzerte zur Finanzierung eines Orgelneubaus statt, der dann 1913 durch die renommierte Ludwigsburger FirmaWalcker erfolgte. Das Gehäuse der Weil-Orgel wurde beibehalten. Die neue Orgel besaß 30 Register (einschließlich 6 Transmissionen) auf zwei Manualen und Pedal. Da diese gegenüber der Vorgänger-Orgel stark vergrößerte Anzahl an Registern im Gehäuse von 1822 nicht unterzubringen war, wurden die Pfeifen des zweiten Manuales (Schwellwerk) im vom Altar aus gesehen linken Eckvorsprung im zweiten Stock untergebracht. Die Traktur war pneumatisch, was besonders die Ansprache der Pfeifen des zweiten Manuales stark verzögerte, also eine sehr unangenehme Spielbarkeit mit sich brachte. Die Disposition mit einer hohen (12) Anzahl an Achtfußregistern war typisch für die deutsche Spätromantik.
In den zwanziger Jahren geriet die Schloßkirche in einen sehr schlechten baulichen Zustand, der auch die Walcker-Orgel in Mitleidenschaft zog. Unachtsamkeit während nötiger Renovierungsarbeiten und nie aufgeklärter Vandalismus während der Ostertage 1929 machten einen Neubau nach nur 17 Jahren unumgänglich.


4. Die Faust-Orgel (1930-1944)
Die neue Orgel des Orgelbauers P. Faust aus Schwelm wurde komplett auf die obere Mittelempore und die angrenzenden Eckvorsprünge verlegt, lediglich der Spieltisch verblieb in der Mitte der unteren Mittelempore. Die Orgel besaß auf zwei Manualen wie die Vorgängerorgel 30 Register, bei allerdings nur vier Transmissionen. Es wurde Pfeifenmaterial der Walcker-Orgel wiederverwendet. Die Traktur war elektro-pneumatisch. Die Disposition war wiederum stark der deutschen Spätromantik verpflichtet, zeigte aber schon erste Ansätze der aufkommenden Orgelbewegung. Die Faust-Orgel verbrannte bei der Zerstörung des Hauptgebäudes der Universität durch den großen Bombenangriff auf Bonn im Oktober 1944.


5. Die Ott-Orgel (1960-2011)
Nach dem 1957 abgeschlossenen Wiederaufbau der Schloßkirche dauerte es noch drei Jahre, bis die neue Orgel des renommierten Göttinger Orgelbauers Ott eingeweiht werden konnte. Sie wurde in der Mitte der unteren Mittelempore aufgestellt, die obere Mittelempore wurde nach dem Krieg nicht wieder eingebaut. Ott bestand auf Schleifladen und rein mechanischer Bauweise.

Die Orgel verfügte über 23 Register auf zwei Manualen und Pedal:
I. Hauptwerk
C-g'''

II. Brustwerk
C-g''' (schwellbar)

Pedal
C-f'

Gedackt 16'

Gedackt 8'

Subbass 16'

Prinzipal 8'

Rohrflöte 4'

Oktave 8'

Holzflöte 8'

Waldflöte 2'

Oktave 8'

Schwebung 8'

Terz 1 3/5'

Gedackt 8'

Oktave 4'

Spitzquinte 1 1/3'

Quintade 4'

Spillflöte 4'

Scharff 2f.

Bauernflöte 2'

Nasat 2 2/3'

Regal 8'

Oktave 2'

Tremulant

Prinzipalquinte 1 1/3'

Sedezime 1'

Zimbel 1f.


Koppeln: II-I / I-P / II-P

Betrachtet man die Disposition der Ott-Orgel , so fällt sofort der starke italienische Anklang in der Registerverteilung des Hauptwerkes auf. Dies ist sowohl für die Entstehungszeit der Orgel als auch für den Orgelbauer sehr ungewöhnlich.

Dieser Anklang zeigt sich 1. im Fehlen einer Zungenstimme, 2. in der Prinzipalschwebung, dem italienischen Register „Voce umana“ entsprechend, und 3. in der Teilung der Mixtur auf drei einzelne Registerzüge. Der Klang besonders der hohen Aliquotregister war sehr fein und glänzend und so dem hellen Raum der Schloßkirche optimal angepaßt.

Eine weitere Auffälligkeit ist das Ungleichgewicht des Brustober- und Pedalwerks im Vergleich zum Hauptwerk. Das kleine Brustwerk zeigt einen zeittypischen Aufbau mit relativ schwacher Gedackt 8‘-Basis. Es ist dem gut ausgebauten Hauptwerk an Tragfähigkeit kein angemessenes Gegenüber. Wahrscheinlich wurde es aus Platz- und auch Kostengründen so klein gehalten. Im Pedal fehlt – wahrscheinlich wiederum aus Platzgründen – eine 16'-Zunge, die dem Plenum die notwendige Gravität verliehen hätte. Der labiale 16' ließ an Tragfähigkeit zu wünschen übrig.

Die Bauweise der Orgel war sehr kompakt, was einerseits eine gelungene Einpassung in den Raum ermöglichte, andererseits aber Stimm- und Reparaturarbeiten sehr erschwerte.

Wäre die Ott-Orgel von 1960 etwas größer und damit in der Disposition ausgeglichener gebaut worden, so wäre sie in der Eleganz und der Feinheit vieler ihrer Registerfarben ein ideales Instrument für die helle, vom späten Rokoko und beginnenden Klassizismus geprägte Schloßkirche gewesen. Die Ott-Orgel wurde im Sommersemester 2011 mit mehreren Konzerten und Gottesdiensten verabschiedet, danach im Juli 2011 abgebaut.

Sie findet in der katholischen Wallfahrtskirche in Kälberau (Bistum Würzburg) eine neue Heimat.



Quellen:  Thomas Hübner: ex oriente lux – die Orgeln in der Schloßkirche zu Bonn von 1784-2012, in: Orgelpunkt. Die Geschichte und die Orgeln der Schlosskirche zu Bonn. Festgabe anläßlich der Einweihung der Klais-Orgel op. 1882, hrsg. von Thomas Hübner und Reinhard Schmidt-Rost, Rheinbach 2012, S. 133 ff.

Miguel Prestia: Zum Abschied einige Gedanken zur Disposition der Ott-Orgel, ebd., S. 129
Die neue Klais-Orgel (op. 1882 / 2012)

Die neue Orgel aus dem Hause Klais (Bonn) versucht die guten Eigenschaften des Vorgängerinstrumentes aufzunehmen und gleichzeitig eigenständig die Disposition so zu erweitern, daß ein repräsentatives, den vielfältigen liturgischen und konzertanten Anforderungen der Schloßkirche entsprechendes Instrument entsteht.

Der italienische Anklang der Vorgängerorgel wurde beibehalten, dem gut ausgebauten Hauptwerk ein ebenbürtiges Oberwerk gegenübergestellt. Die Disposition wurde durch das Hinzufügen von unterschiedlichen Achtfußregistern, darunter zwei Streicher, grundtöniger und farbiger gestaltet, unter Beibehaltung der Eleganz der hohen Aliquotregister.
Zungenregister in Hauptwerk und Pedal sorgen für die nötige Gravität.

Eine Besonderheit ist das Glockenspiel, das auf ein in kurfürstlicher Zeit im Nordostturm des Schlosses, also in unmittelbarer Nähe der Schloßkirche vorhandenes Glockenspiel anspielt.

Die Orgel verfügt auf zwei Manualen und Pedal einschließlich des Glockenspiels und des Cymbelsterns über 29 Register (dazu ein Vorabzug). Die Bauweise ist rein mechanisch. Größter Wert wurde auf eine optimale Einpassung der Orgel in den einmaligen Raum der Schloßkirche gelegt.


Die Disposition:

I. Hauptwerk C-a3

II. Oberwerk C-a3 Pedal C-f1

Principal 8'

Bordun 8' Subbass 16'

Viola di Gamba 8'

Salicional 8' Octavbass 8'
Rohrflöte 8' Principal 4'

Gedackt 8'

Voce umana 8' Gemshorn 4'

Octave 4'

Octave 4' Nasard 2 2/3'

Posaune 16'

Flauto in ottava 4' Flageolet 2'

Quinte 2 2/3'

Terz 1 3/5'

Octave 2' Quinte 1 1/3' (Vorabzug aus Oberton)
Quinte 1 1/3' Oberton II 1 1/3'
Octave 1' Cromorne 8'
Ripieno II 2/3' Tremulant
Cornet III 2 2/3'
Trompete 8'
Glockenspiel

Cymbelstern
Koppeln: II/I; I/P; II/P

Die Schlosskirche
Evangelischer Kleinod im Herzen der Universität – im Zentrum der Stadt

Im Herzen der Universität, im Zentrum der Stadt Bonn liegt die evangelische Schlosskirche. Wenige Schritte vom Alten Rathaus entfernt, macht sie ihre Lage zu einem besonderen Ort der Begegnung zwischen Wissenschaft und Religion, Kultur und Gesellschaft.


Lichtdurchfluteter Innenraum: die Schlosskirche unter dem Ostturm im Universitätshauptgebäude
(Foto: Joachim Gerhardt)

Sie ist ein einzigartiger Ort für Gottesdienst und Musik, für Kunst und Kultur. Eine Oase der Ruhe und Besinnung mitten im städtischen und universitären Alltag. Erbaut 1779, ohne eigenen Turm, aber mit Glocken, lädt sie jeden Sonntag im Semester zum Gottesdienst. Beliebt ist sie für Trauungen, Taufen und Trauerfeiern.

Vorträge, Diskussionen und literarisch-musikalische Abende finden hier eine inspirierende Atmosphäre. Das reiche musikalische Angebot profitiert von der besonderen Akustik des hohen Raumes. Die neue Orgel ermöglicht Klangerlebnisse auf höchstem Niveau.

Einmalig für evangelischen Kirchen am Mittelrhein ist die helle und stuckverzierte Innenausstattung im Stil des späten Rokoko (Louis XVI.). Und doch kennen selbst alte Bonnerinnen und Bonner dieses lichtdurchflutete Kleinod nicht, das sich im Ostflügel der Universität verbirgt.


Altarrose vor den Blumenornamenten der Kanzel
(Foto: Joachim Gerhardt)


Erste Wirkungsstätte Beethovens

Die Schloßkirche hat eine außergewöhnliche Geschichte. Sie war als Hofkapelle Teil der ehemaligen Residenz der Kölner Bischöfe in Bonn und wurde bei dem verheerenden Brand des kurfürstlichen Schlosses im Jahr 1777 ebenfalls zerstört. Ursprünglich lag die Kirche dort, wo sich heute die Aula der Universität befindet. 1779 wurde die neue Kapelle am heutigen Ort (im ehemaligen Papstzimmer) errichtet. Hier erhielt auch der junge Ludwig van Beethoven Orgelunterricht bei seinem Lehrer, dem protestantischen Hoforganisten Christian Gottlob Neefe, und wurde er 1784 als zweiter Hoforganist tätig. Am zweiten Weihnachtstag 1790 kam es in der Schloßkirche zur ersten Begegnung zwischen Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven.

Erste evangelische Kirche in Bonn

Nach der Vereinigung des Rheinlands mit Preußen auf dem Wiener Kongress wurde aus der ehemaligen Schloßkapelle durch König Friedrich Wilhelm III. die erste evangelische Kirche Bonns. Am 17. November 1816 feierte die evangelische Gemeinde der Stadt hier ihren ersten Gottesdienst. Seit der Gründung der Bonner Universität 1818 werden hier bis heute die Universitätsgottesdienste gefeiert.

Bedeutende Persönlichkeiten

Erster Pfarrer der Schloßkirche war Prof. Karl Heinrich Sack (1790-1875), erster bedeutender Universitätsprediger der Praktische Theologe Karl Immanuel Nitzsch (1787-1868). Auch Karl Barth (1886-1968), einer der einflussreichsten und bekanntesten Theologen des 20. Jahrhunderts, hat hier gepredigt.

Ein Bombenangriff zerstörte im 2. Weltkrieg die Schloßkirche fast vollständig. In sorgfältiger Restaurierung wurden die Stuckarbeiten wiederhergestellt, das Deckengewölbe blieb jedoch unbemalt. 1957 erfolgte die Wiedereinweihung, 1982 die letzte umfassende Renovierung der Kirche, die seitdem durch die helle Farbgebung besonders licht und einladend wirkt.


Altarblick auf die 2012 eingeweihte Klais-Orgel
(Foto: Joachim Gerhardt)

Reiches musikalisches Leben

Die Schlosskirche bietet ein reiches musikalisches Angebot. Die Schlosskirchenkantorei ist ein gemischter Oratorienchor, der Studierende wie Nicht-Studierende zusammenführt. Sie führt vielfältige Konzertprogramme auf und beteiligt sich regelmäßig an der Gestaltung der Gottesdienste in der Schlosskirche.

Informationen über das vielfältige musikalische Angebot und aktuelle Konzerttermine finden Sie im Schaukasten oder unter www.musikanderschlosskirche-bonn.de

Die neue Orgel

Seit Mai 2012 besitzt die Schlosskirche eine neue Klais-Orgel. Großzügige Spenden haben den kunstvollen Bau ermöglicht. Mit 1595 Pfeifen und den 29 Registern fügt sich die neue Orgel als moderne Skulptur harmonisch in den Kirchenraum ein.

Information

Ausführliche Informationen über die wechselvolle Geschichte der Schloßkirche und den Orgelneubau bietet die Festschrift „Orgelpunkt. Die Geschichte und die Orgeln in der Schloßkirche zu Bonn“. Erhältlich über den örtlichen Buchhandel oder im Schlosskirchenbüro.

Die Schlosskirche ist ein Ort für:

- Gottesdienste im Semester jeden Sonntag um 11.00 Uhr
- Andachten und Friedensgebete von Studierenden
- Raum der Stille und Offene Kirche (werktags von 13.00 -15.00 Uhr)
- Trauungen und Taufen
- Trauerfeiern
- Konzerte
- Festvorträge und Diskussion
- Ausstellungen
- Jährlich Ort der Verleihung des „Predigtpreises“
- Literarisch-musikalische Abende

Raumanfragen an Schlosskirchen-Büro: Tel. 0228 / 73 75 10

Kontakt:

Evangelische Fakultät
Der Universitätsprediger
Am Hof 1
53113 Bonn

E-Mail: schlosskirche(at)uni-bonn.de


Mit freundlicher Genehmigung der Schlosskirchenkantorei (Miguel Prestia) und der ev. Fakultät.
Texte: Jeannine Gebauer/Joachim Gerhardt / September 2012
Fotos: Boris Schafgans / Joachim Gerhardt
OI-B-104
weiterführende Links:

Webseite Schlosskirche Bonn
Webseite Musik an der Schlosskirche Bonn